Graue Tage in Wewelsburg
Wieder so ein feuchter, kalter, wolkenverhangener Tag im November. Keine guten Tage, gerade nach einer Nacht mit Träumen, die sich gefühlt über die Länge einer Folge der Herr der Ringe-Trilogie hin ziehen. Gefolgt von einem Erwachen mit einem Kater, der seine Ursachen nicht in geistigen Getränken hat. Manchmal spinnen solche Träume den Löwenanteil meines Lebens weiter. Wie die Fragen nach dem Sollen, Wollen und Dürfen. Eben Fragen nach der Autonomie, nach den Schranken und Grenzen, die vor sehr langer Zeit gesetzt wurden. Und doch bis zum Ende des Lebens gelten werden.
Wenn meine Kindheit etwas in mir hinterlassen hat, ist es die ständige Auseinandersetzung mit den bohrenden Gedanken, ob ich zeigen, leben darf, was ich an Fähigkeiten und Begabungen bekommen habe. Wann immer ich ein Stück nach vorne gehe, wie in meinen Radiobeiträgen, beim Marktplatz Ehrenamt, gegenüber Nachbarn und selbst Unbekannten, steht sofort der mahnende Finger meiner Mutter vor mir. Der mich zurück ruft, maßregelt, mich wieder klein und unwichtig macht. So ziehe ich schnell innerlich den Kopf ein, gehe in die gebückte Haltung, die ich immer mit Skoliose erkläre. Es ist Skoliose, doch die hat ihre Ursachen nicht in einer schwachen Wirbelsäule oder ungünstigen Genen. Sie hat ihre Ursache in dem langen emotionalen Geprügel, der Angst vor dem schwarzen Mann, der mich aufgrund meiner angeblichen Untaten holen wird. Dass ich bei meinem Benehmen besser in ein Internat geschickt würde. Doch statt diese Dinge Jahrzehnte zurück liegen und abebben, werden sie immer drängender. Was hat sie sich damals dabei gedacht? Wahrscheinlich nichts. Das wäre eben damals so üblich gewesen, sagte sie mal beinahe beiläufig. Warum wurden dann meine Freunde zuhause von ihren Eltern geliebt und gefördert, statt andauernd drangsaliert?
Wie viele dieser grauen Tage noch vor mir liegen, ist momentan schwer abzuschätzen. Ich fürchte, sie enden niemals.
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