Here, and there, and everywhere
Jetzt hier in der zweiten Heimat, unterwegs auf den dichten und satten Weiden, umgeben von Fells und Dales, stellt sich so manche Frage wieder. Vielleicht nur mir, vielleicht auch nicht. Als ich mich vor ein paar Tagen auf den Weg machte, war es ein fast banges Gefühl, wie es nach bald zwei Jahren Abwesenheit von hier sein würde. Würde sich immer noch diese Vertrautheit zeigen, der Eindruck, dass diese Gegend etwas mit mir zu tun hat? Ist es nur eine Einbildung, dass dieses Land ein Teil meiner Identität ist? Noch gerade habe ich bei Hamed Abdel-Samad gelesen, dass auch er mehrere Identitäten in sich fühlt, den Ägypter und den Deutschen, den Muslim und den Nicht-Mehr-Muslim. Je nachdem, in welcher Situation er gerade ist. Auch ich habe ein wenig das Gefühl, hierher zu gehören. Die Kultur, die Umgangsformen, das Übliche und Unübliche im Alltag ist ein Teil von mir. Auch wenn ich die Nordengländer manchmal schwer verstehe. Was aber den Leuten aus dem Süden dieses Landes ähnlich geht. So überfällt mich wieder die Frage, wer ich denn eigentlich bin.
Damals war ich etwas überrascht, als die Ergebnisse der Genanalyse eintrudelten. Die 55% Deutschland wunderten mich nicht, die 17% Osteuropa mit meinem Großvater aus Westpreußen auch nicht. Doch woher die 23% englischer Gene stammen, lässt sich familiär nicht klären. Oder meine Mutter spielt ein Spiel und rückt mit der Wahrheit nicht heraus. Bevor ich nach Ostwestfalen zurück kehrte, war ich mir meiner Identität ausgeprochen sicher. Seit ich wieder dort lebe, bin ich mir selbst verloren gegangen. So sehr ich versuche es festzumachen, entzieht es sich mit immer mehr. Es könnte der Austritt aus dem Berufsleben sein, der Eintritt von Duna in mein Leben, die mich nun bindet und in die Pflicht nimmt. Seit ich im Alten Hof wohne, sind meine Träume ungewöhnlich intensiv, lang und verwirrend geworden. Was mir fehlt, ist ein Blick in die Zukunft, oder nur ein Verständnis dafür. Was meine Zukunft überhaupt sein könnte, was werden könnte. Wäre eine Antwort das Hierbleiben auf dieser Insel in der Nordsee, wäre es ein Kraftakt, dem ich mich nicht mehr gewachsen fühle. Irgendwann ist es für Entscheidungen wie Veränderungen tiefgehender Art zu spät. Dann bleibt nur noch das Akzeptieren.
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