Getting lost is part of the journey

Da meine Eltern zwar nicht reich, aber gut gestellt waren, fing die Reiserei schon in meiner frühen Kindheit an. Erst Italien und Spanien, später Österreich. Die üblichen Verdächtigen wie Tirol und sieben Mal Kärnten dazu. Meine erste eigene Reise kam im Sommer 1973. Ich würde wegen pubertätsbedingter Unverträglichkeit für drei Wochen auf eine Sprachreise geschickt. Nach Hastings im Süden Englands, inklusive drei Wochen Sprachschule. Da passierte etwas, was mein ganzes weiteres Leben beeinflusste. Ich fühlte mich in diesem eigentlich fremden Land, England war damals noch sehr eigen, eher wie zuhause, aufgehoben, angekommen. Ich hatte tolle Gasteltern, bei denen ich wohnte, lernte viel über dieses Land, die Gepflogenheiten, natürlich auch über die Sprache dort. Hastings, Fairlight Glen. Klar, habe ich sie später noch besucht.

In der Sprachschule ging es nicht um Pauken, sondern darum, die Sprache zu leben und sein eigenes Leben in der Sprache wieder zu finden. Es war die Adam’s Language School. Heute ist ein Fitness-Studio in dieser Etage. Der Optiker, den ich im Reisebericht über die South Downs 2015 erwähnte, ist im Erdgeschoss.

Riekenbank und Escort

Riekenbank und Escort

1975, nun mit eigenem Auto und Führerschein, machte ich mich zum ersten Mal ganz auf eigene Faust auf den Weg. Nach Hastings, wohin sonst. 1976 fuhr ich mit meinem Ford Escort bis hinauf nach Inverness in Schottland. Es war im Februar, ich war damals noch etwas naiv und abenteuerlustig. Mit viel Glück entging ich dem Schneechaos in Schottland, musste am Morgen in Hastings mit der Schaufel vor dem Eagle House Hotel mein Auto freilegen, hing dann wegen des Wetters drei Tage in Dover fest. Die Fährüberfahrt habe wahrscheinlich nur ich in guter Erinnerung, weil ich als Einziger Probleme hatte, meinen Tee ohne Verschütten zu transportieren. Der Rest des Schiffes hing entweder über den Toiletten oder lag auf den Bänken herum. Ich kam heile in Essen an. Der Escort hat mich fast 3000 Kilometer über die Insel getragen, mit seinem Kent-Motor und den zölligen Schrauben. Am nächsten Morgen sprang er nicht mehr an. Erschöpfungs-Syndrom.

Freaks!

Freaks!

In den Achtziger Jahren verblasste England etwas in meinem Blick. Ich war Jahre lang in den USA, in Australien, in Südafrika, eigentlich überall außer in Asien. Genug Reiserei. Das änderte sich erst wieder Ende der Achtziger. Ich arbeitete bei Nixdorf und Siemens-Nixdorf. Die Kollegen, erst in London Hounslow, später in Bracknell, entdeckten nicht nur meine Fachkenntnisse im Produkt-Marketing, sondern auch meine Gabe, die Briten zu verstehen und mich britisch zu benehmen. Deshalb wurde ich oft zu Kundenterminen eingeladen, zu Präsentationen und Gesprächen. Es endete damit, dass ich in Bracknell, nicht weit von Windsor Castle, eine Zeit lang eine kleine Wohnung hatte.

Erst 2004 machte ich zum ersten Mal wieder Urlaub auf den Inseln zwischen Atlantik und Ärmelkanal. 2005 kam ich wieder nach Wales, nach 1976, auf die Halbinsel The Gower bei Swansea. Zu Wales habe ich den nächsten Jahren eine besondere Beziehung bekommen, auch wenn England deshalb nicht umgangen wurde. Aber wenn ich den roten Drachen an der Severn Bridge sehe und die ersten Wegweiser in Walisisch, ist es noch etwas mehr Zuhause als in Sussex, Kent oder Hampshire. Seitdem habe ich es erst 2015 geschafft, mal wieder woanders hinzufahren, 2015 in die Toskana. Nicht ohne zuvor eine Woche in den South Downs zu wandern.

Wenn ich jemandem empfehlen sollte, wo er einen Urlaub in Großbritannien verbringen könnte, wären die ersten Angaben in England der Lake District und die Cotswold Hills oder South Downs, in Wales entweder The Gower oder die Breacon Beacons, oder natürlich Snowdonia in Norden von Wales, das walisische Highlight. Dann wären da noch die Yorkshire Dales oder die zum Teil auch Cornwall. Schottland habe ich für die Zeit vorgenommen, wenn der Job hinter mir liegt und genug Wochen Zeit sind zum Reisen, Wandern und Bewundern. Wenn möglich am Wasser oder oben auf einem Berg mit weiter Sicht. Obwohl ich gestehen muss: die schönsten Strände hat Wales, aber das wärmere Wasser die Toskana. Man kann nicht alles haben.