Vor dem endgültigen Einbruch des Winters ist in den Herbstferien noch Platz für eine Woche Inselurlaub. Da Norderney leider ziemlich belegt ist, orientiert man dann sich weiter nach Westen, jenseits von Borkum Richtung Amerika. Dort sind die Niederlande, und dort liegen die niederländischen Nordsee-Inseln wie Texel, Terschelling, Ameland und das kleine Schiermonnikoog. Gut. Also doch Auslandsurlaub.

Warum gerade Ameland? Texel ist doch recht touristisch und teuer, nach Terschelling ist die Fährverbindung recht lang und teuer und irgendwie erschien Ameland familiärer. In einer Ameland-Site findet man zwar einige Ferienwohnungen, aber fast alle sind schon ausgebucht, jedenfalls in dem Preisbereich, den man so akzeptiert. Bis eben auf eine, in Hollum an der Westseite der Insel. 230€ pro Woche sind akzeptabel, also wird einfach gebucht. Noch ein paar Sachen zusammengepackt, Rad in’s Auto und auf nach Ameland.

Anfahrt

Ca. 400 km trennen Ostwestfalen vom niederländischen Holwerd, von wo die Schiffe der Reederei Wagenborg mit zwei Fähren zu wechselnden Fahrplänen nach Nes auf Ameland übersetzen. In ca. 45 Minuten ist man nach einer Schlängelfahrt durch das Watt drüben. Für OWL führt die A2 und A30 zur A31, bei Meppen geht über die Grenze und an Meppel vorbei und durch Leeuwarden hindurch an die Küste. Vorbuchen ist angesagt, die Herbstferien haben das Ruhrgebiet wohl entvölkert und vor der Fähre sammeln sich die Autos aus NRW. Man kann Glück haben und mitkommen, aber eine Reservierung in der Tasche ist doch sicherer.

Über Ameland

Die oben erwähnte Site liefert schon eine Menge Informationen über Ameland. Ameland ist eine der niederländischen Inseln vor der Nordsee-Küste, ca. 25 km lang und an der breitesten Stelle in Nord-Süd-Richtung sind es gerade mal 4 km. So um die 3500 Einwohner hat die Insel, die vier heute noch verbleibenen Orte sind der Größe nach sortiert Nes, Hollum, Ballum und Buren. Die gesamte West-, Nord- und Ost-Seite der Insel ist Sandstrand, und zwar schöner, feinster Sandstrand. Die Geschichte Amelands ist sehr abwechselungsreich gewesen, noch nicht sehr lange gehört die Insel überhaupt zu den Niederlanden. Details zur Geschichte sind bei Wikipedia nachzulesen.

Verglichen mit Norderney ist Ameland als Insel an sich ähnlich, der Hauptunterschied liegt in den Orten, die nach meinem Geschmack einfach farbiger und lebendiger sind. Eben typisch niederländisch. Insbesondere Hollum und Ballum sind sehenswert, die Ortskerne bestehen aus alten Häuschen, deren Bauzeiten bis in’s 17. Jahrhundert zurück gehen. Dazu die gepflasterten Straßen, die Gässchen, Bistros und Restaurants, Kramläden und Kneipen bilden eine erholsame und zugleich anregende Umgebung. Man ist nirgendwo weit vom Wasser weg, und trotz NRW-Herbstferien ist es nicht überlaufen, nicht laut oder unruhig. Ameland bietet echten Erholungswert, ausgiebiges Radeln (ca. 100 km Radwege), Strandwandern und Bummeln, sogar etwas Wald ist zu finden, wenn man mal nicht gegen den Wind ankämpfen möchte.

Welkom in Tussen Dijken

Da nur eine Ferienwohnung zur Auswahl stand, musste es eben diese sein. Es war Bliene II in Hollum, bei der Familie de Boer. Die Ferienwohnungen sind einfach und schlicht, ohne Luxus, aber mit Küche und Mikrowelle, Fernsehen und ausreichender Einrichtung. Dafür gibt es eine ordentliche Dusche, vernünftige Betten und eine ruhige Lage. Und, das war sehr schön, es sind nur wenige Fußminuten bis zum Ortskern von Hollum. Wenn ich bedenke, dass es ja keine große Auswahl gab, war das mal wieder Schwein.

Hollum ist der zweitgrößte Ort nach Nes, liegt aber im Westen der Insel strategisch günstig nahe dem Leuchtturm (Vuurtoren) und dem kleinen Wäldchen Hollumer Bos. Zum Strand sind es nach Norden und nach Westen ca. 2km, dieses sind auch zugleich die am meisten genutzten, breiten Strandabschnitte in der Gegend. Nach Ballum sind es ca. 3km, nach Nes noch einmal 6km dazu. Also bei nicht zu heftigem Wetter nette Touren mit dem Rad. Bis auf das letzte östliche Inselende ist Ameland für Räder am besten erschlossen. Karten im Maßstab 1:25000 für Amland gibt es in den beiden Touri-Infos sowie in den Buchhandlungen und Schreibwaren-Geschäften für etwas über 3€. Ebenso Wander-Vorschläge und vorgeschlagene Radtouren.

Hollum ist groß genug für eine komplette Infrastruktur mit einem mittelgroßen Supermarkt (ein weiterer am nördlichen Ortsrand ist im Bau), Restaurants, Kneipen, Bäcker, Trödel- und Haushaltswaren-Läden, alles da, was man braucht. Zugleich ist Hollum zwar übersichtlich, man kann aber schon eine Weile in den alten Sträßchen bummeln, findet aber dann doch noch einen versteckten Querweg und einen Pad. Wegen seiner alten Häuser und jeglichen Fehlens großer Häuser und echter Bausünden ist Hollum neben Ballum reich an Atmosphäre und Flair. Ballum dagegen ist kleiner und daher nicht ganz so lebendig wie Hollum.

Der Rest und erstes Fazit

Nes ist die Insel-Hauptstadt, dementsprechend größer und mit einem schon fast städtischen Ortskern. Viel Gastronomie, Handel und Tourismus, größere Hotels. Aber auch wieder nicht unangenehm groß, jedoch nicht so anheimelnd wie Hollum. Das kleine Buren zur östlichen Seite hin ist der kleinste Ort, aber auch wie alle anderen Orte nett, sauber und freundlich. Hier merkt man die landwirtschaftliche Seite Amelands fast noch am deutlichsten.

Obwohl es eher Zufall ist, wenn man in Hollum landet, würde ich Hollum als Ferienort wärmstens empfehlen. Es sei denn, man hat kein Auto dabei oder ist sonst irgendwie auf die Nähe zur Fähre angewiesen. Neben dem Ort selbst ist es insbesondere die kurze Strecke zum abwechselungsreichen Gebiet um den Leuchtturm herum, die Hollum attraktiv macht. Denn neben dem schönen und breiten Strand liegt dort auch das Hollumer Wäldchen mit Spielplätzen, das Sun Set (Restaurant und Cafe) sowie ein Pannkoekenhuis mit Terasse und Internet Cafe. Nach Süden ist man von Hollum schnell auf dem Deich und kann dort bis nach Nes fahren, oder noch weiter. Der Strand am Leuchtturm ist nicht ganz so breit wie der nördliche Strand, so dass man hier schneller am Wasser ist. Darüberhinaus ist dieser Strandabschnitt bewacht und hat Toiletten und Duschen.

Einkaufen auf Ameland

Von den deutschen Nordsee-Inseln ist man beim Betreten eines Lebensmittel-Ladens gewohnt, dass halt alles etwas teurer ist, so würde man das auch hier erwarten. Aber welche Überraschung: der C1000-Markt in Hollum hat nicht nur ein breites Angebot von Obst und Gemüse über Kuchen und Brot bis zum Wein und Katzenfutter, die Preise sind sogar wie in unseren Breitengraden und teils sogar darunter! So bekommt man für 92Cent schon ein Päckchen Butter, was bei uns noch nicht mal beim ALDI geht. Lediglich einige Toiletten-Artikel deutscher Hersteller und südländisches Obst sind geringfügig teurer. So bringt man dann mehr mit zurück als vom Festland mitgenommen, denn die niederländischen Kekse, Plätzchen und Kuchen sind ungeschlagen.

Selbst der kleinste Ort, Buren, hat einen Supermarkt. In Nes hat man dann sogar zwischen mehreren Märkten, Fleischern, Fischgeschäften und Bäckern die Auswahl. Das Einschleppen von Lebensmittel-Vorräten, wie nach UK oder Norwegen, ist hier nicht notwendig. Die Preise mögen im Sommer vielleicht etwas höher sein, aber die Insel ist auch auf Einkommen angewiesen.

Was tun auf Ameland?

Was man auf den anderen Inseln auch macht: Radfahren, Wandern und Spazierengehen, am Strand entlang gehen und sich durchpusten lassen, einfach relaxen. Wenn auch der Wind manchmal aus tatsächlichen 20 km Radweg gefühlte 40 km machen kann. Dafür war der andere Weg dann wegen des Rückenwindes fast wie ein Ausflug mit dem Mofa.

Für die Strandwanderung hat man ca. 40km Strand zur Verfügung, es kommen noch mal ca. 20km Deich an der Watt-Seite dazu. Beinahe rund um Ameland führen Radwege, lediglich die letzten Kilometer vor dem Ost-Ende sind nur über den Strand zu Fuß erreichbar. Dazu kommen Radwege über die Insel in alle Richtungen, das Fahrrad hat hier Priorität als Fortbewegungsmittel. Nichts gibt es auf Ameland mehr als Fahrrad-Verleih. Wer sein eigenes Rad also vor Sand und Salz schützen möchte, kann an jeder Ecke Fahrräder aller Klassen leihen.

Aber: Insel-Urlaub bleibt Erholungs-Urlaub. Wer etwas mehr braucht, wird auch bedient; sowohl am Strand als auch über die Insel wird gejoggt, zwei Golf-Plätze habe ich gesehen, Tennis in Nes ebenfalls. Ansonsten bei Ameland-Tips nachsehen. In den beiden Touri-Infos (VVV) in Nes und Hollum gibt es Veranstaltungs-Kalender, Ameland hat mehrere Museen über die Geschichten der Orte als auch über die Seewacht und die Fauna, man veranstaltet Wanderungen und Führungen etc. pp. Bleiben noch die Mühle in Hollum und ihr Museum zu erwähnen, das Sorgdrager-Museum, der zu besteigende 58m hohe Leuchtturm und die alten Kirchen.

Eher typische Tagesabläufe im Herbst sehen so aus, dass man erst mal mit Rad oder per pedes unterwegs ist, und die Abendstunden für Lesen und Studieren nutzt. War das Wetter nicht so gut, wurde mittags selbst gekocht und man reduziert seine Aktivitäten auf Bummeln im Ort. Man muss aber im Herbst auf den Insel immer mit kühlerem, feuchten Wetter rechnen, wenn auch nicht wirklich kalt. Und sollte dann zur Eigenbeschäftigung fähig sein. Oder auch zum Wandern mit etwas Regen und Wind. Kein Ort für Sonnen-Hungrige, aber für Leute mit Freude am Unterwegs- und Draußen-Sein.

 

Essen auf Ameland

Packt einen unterwegs der Kaffee-Durst oder der Drang nach einer frischen Waffel, findet sich in den vier Orten immer etwas; hinzu kommen an den größeren Strandzugängen Cafes und Restaurants wie das Sun Set oder das Hexsenhoed, wo man Kaffee und Kuchen zu erschwinglichen Konditionen bekommt. Soll es etwas mehr sein, reicht das Angebot vom Schnellimbiss über Bistros und Cafes bis zum ausgewachsenen Restaurant.

In Hollum und Nes bietet der Fischhändler Metz Broodjes mit verschiedenen Sorten Fisch an, oder auch mit Frites und Salat. So beginnt das gut mit Lachs belegte Broodje bei so 3.80€, beim de Jong in Nes gibt es für 9 … 11€ schon eine komplette Mahlzeit mit frischem, leckerem Fisch. Fast alle Restaurants bieten auch Toasties und kleine Snacks an. Pfannekuchen plain oder mit Apfel kosten so ab 4€, je nach Location. Bei den besseren Restaurants geht es dann in der Klasse ab 12 oder 14€ los, für ein Hauptgericht, Ende nach oben offen. Insgesamt kann man sich aber für schmerzarme Preise satt kriegen.

Einen McDoof oder einen seiner Verwandten habe ich nicht gesehen, zum Glück. Trotzdem gibt es Fritten, Hamburger, Frikandel und andere Quasi-Fastfood-Sachen in den verschiedenen kleinen Schnellimbissen.

Wohnen auf Ameland

Das Angebot an Unterkünften reicht vom Zimmer mit Frühstück über Ferien-Wohnungen und -Häuser bis zum Drei-Sterne-Hotel. Zwar finden sich online schon eine Menge Angebote, tatsächlich sind es aber noch mehr, die noch nicht online buchbar sind. Diese Ferienwohnung war vorgebucht, man kann sich aber in den Herbstferien wohl auch so auf die Socken machen und in einem Ort suchen. Es sah von zuhause so aus, als wenn nur noch wenig an Ferienwohnungen zu bekommen gewesen wäre, ein erster Spaziergang durch Hollum führte aber an einer Menge Schilder mit Angeboten freier Wohnungen und Häuser entlang. Der Standard der Unterkünfte ist durchschnittlich gut bis sehr gut. Häuser und Gärten wirken ausgesprochen gepflegt, selbst diese sehr einfache Bleibe war eine Klasse besser und gemütlicher als damals ein viel teureres Haus in einem Ferienpark in De Haan.

Sowohl in Hollum als auch bei den anderen Orten gibt es Gebiete mit Ferienhäusern und Mobil-Heimen, die nur vermietet werden. Also dedizierte Ferien-Wohnparks. Gelegentlich ist auch dort noch ein kleiner Supermarkt und eine Art Freizeit-Zentrum mit Bowling oder Tischtennis zu finden, meistens liegen diese Ferienhäuser aber von den Ortskernen etwas entfernt. Dafür locken sie dann meistens mit kurzem Zugang zum Strand. Das Preis-Niveau für Ferienwohnungen liegt etwas niedriger als auf den deutschen Nordsee-Inseln.

Die Jugendherberge von Ameland liegt neben dem Leuchtturm, über die ganze Insel verteilt liegen aber noch sehr viele Gruppen-Unterkünfte, meistens umgebaute Scheunen, für Schulklassen und Jugendfahrten. Daher muss man gelegentlich mal mit einer Horde johlender Kiddies auf Fietsen fertig werden, die einen auf dem Radweg überbügeln. Hält sich aber alles in Grenzen, die Kiddies sind am liebsten am Strand. Ameland ist nämlich ein beliebtes Ziel für Klassen-, Jugend- und Ferienfahrten.

Fazit

Zwar war es nur ein Kurzurlaub von einer Woche, aber selten eine so erholsame und gleichzeitig kurzweilige Woche gehabt. Die schöne Natur in Verbindung mit niederländischer Lebensart und der knuffigen Umgebung machen Ameland zu einer anzuratenden Gelegenheit, wenn man als Norddeutscher im weitesten Sinne einfach mal eine Woche raus möchte. Wann habe ich zum letzten Mal die Ruhe gehabt zwei Bücher zu lesen? Nur auf Ameland.

Keine überhöhten Preise, kein Touristen-Nepp, kein großes Palaver. Einfach Insel und gut is‘. Highly recommended, dieses Waddeneilandje.