„Wo fahrt Ihr hin? Nach England? Was wollt Ihr denn da? Da regnet es doch auch dauernd …“

So oder ähnlich waren erste Reaktionen auf die Bekanntgabe unseres Urlaubszieles für die Sommerferien 2002: Exmouth, South Devon, Great Britain. Dass wir in diesem verregneten Sommer einen der wenigen sonnigen und angenehmen Plätze in Europa erwischt hatten, sollten wir erst später feststellen. Manchmal hat man halt Glück.

Warum England? Warum Exmouth?

Bei der Planung unseres Sommerurlaubes gab es vier wesentliche Faktoren: Miriam (17), Daniel und Dominik (14), und Julia (11). Wohin fährt man mit vier halbwüchsigen Kindern ohne sich permanentes Gemecker über zu viel Wandern, zu viel Land und zu wenig Auslauf anzuhören, ohne sich in Spanien oder Italien mit Millionen von anderen Touristen um ein paar Quadratzentimeter Strand zu kebbeln, ohne auf Wandern, Geschichte und Kultur zu verzichten? Und Cafès und touristische Infrastruktur sind auch nicht zu verachten. Exmouth liegt in South Devon, an der Südküste Englands, etwa 8 Meilen von Exeter, in der Bucht des River Exe, noch ca. 180km vom Ende der Insel im Westen entfernt. Dieser Bereich wird auch die Englische Riviera genannt, innerhalb Großbritanniens ein bevorzugter Urlaubsort für die Engländer selbst, Kontinental-Europäer finden wenig hierher, von ein paar Tausend Sprachschülern abgesehen. Durch die Lage in der Nähe des Atlantiks mit einem Schuss Golfstrom im Klima angenehm mild, findet man hier mediterranes Flair gemischt mit dem, was an Englishness nicht zu überbieten ist. Agatha Christie lebte hier, viele Künstler und Schriftsteller ebenso, auch Ian Anderson (Jethro Tull) zieht diesen Ort seit einigen Jahren dem rauhen Klima Schottlands vor. Devon, wie auch die umliegenden Gebiete Somerset und Cornwall, ist landschaftlich sehr reizvoll, unendlich grün und lieblich, ohne dass man auf Strand und Sea Front verzichten muss. Sidmouth, weiter östlich gelegen, war eigentlich zuerst im Visier, aber Exmouth hatte das passende Haus für uns.

Auf der anderen Seite westlich von Exter, ca. 30 Minuten Fahrzeit, liegt der Dartmoor Forest National Park. Das wieder ist ein ideales Gebiet für Wandern und Staunen, mit kleinen Dörfern und Orten, in denen die Zeit stehen geblieben scheint, Relikte aus Tausenden Jahren vor unserer Zeit allerorten. Das Exmoor im Norden ist ähnlich, aber kleiner. Später mehr dazu.

Exmouth selbst ist ein Kleinstädtchen mit ca. 40.000 Einwohnern, groß genug für eine vollständige Infrastruktur mit Einkaufs- und Freizeit-Möglichkeiten, klein genug die Kindern selbst los gehen und die Stadt erkunden zu lassen. Unsere Unterkunft war Cockleshell Cottage, ein Reihenhaus in einer älteren Siedlung. Ein paar Gehminuten vom Stadtzentrum enfernt, ein paar Minuten mehr bis zum Strand, bot es die Möglichkeit mal eben in die Stadt zu laufen, ein Eis oder ein paar Chips zu genießen, an den Strand zu gehen. Somit bekam jeder, was er vom Urlaub wollte: die Kinder eigenen Freiraum und Strand, wir Landschaft und Natur. Die Rechnung ging tatsächlich auf.

Über Devon

Bedingt durch die Lage am Kanal und nicht weit vom Golfstrom entfernt, ist Devon eine ungewöhnliche Gegend. Das Klima ist sehr mild, es gibt auch nur mäßige Winter. Zusammen mit der geschützten Position bildet sich so eine Flora, die man überall erwartet außer in England. In den Gärten stehen Palmen, Zedern und Farnbäume, Pflanzen blühen in enormer Größe, Fuchsien wachsen zu großen Sträuchern heran. Wiesen und Feldern stehen in einem unglaublichen Grün. Auch wenn die Sonne am wolkenlosen Himmel steht, ist das Wetter erträglich, denn der Wind von der See ist selten warm oder drückend.

Dieses Land ist seit Urzeiten besiedelt und von Kriegen und Katastrophen verschont worden. Dementsprechend finden sich in Devon Schlösser, Herrenhäuser, Gärten, aber auch Überreste steinzeitlicher Spuren in nicht enden wollender Zahl. Devon ist England pur, nirgendwo ist England englischer als hier im Südwesten. Wer allerdings in Exmouth einen mit Bingo-Buden und Spielhöllen übersäten Strand oder Halli-Galli erwartet, wird angenehm enttäuscht sein. Natürlich gibt es sie, die lauten Pubs und vollen Restaurants, aber wer sie nicht will, kann ihnen aus dem Weg gehen. Was bleibt ist die Freudlichkeit und Offenheit der Engländer, die Geduld und die Tradition, und doch auch die Toleranz und Distanz, die es einem leicht macht, sich einzufinden und einzubringen. Das gilt für den Verkehr, für’s Einkaufen und auch für das Strandleben. In Exmouth ist es trotz der vielen Urlauber im Grunde ruhig, was nicht für alle Städte in dieser Region gilt, aber wahrscheinlich für alle Orte dieser Größe und Art (Sidmouth, Dartmouth, Dawlish als Beispiele).

Ehe ich nun noch seitenweise meiner Begeisterung Ausdruck gebe, schildere ich lieber, wie unser Urlaub so verlaufen ist, was wir unternommen haben, was uns besonders auffiel und ein paar Bilder dazu. Anschliessend noch meine Erfahrungen und Hinweise für England-Urlauber sowie Links zu weiteren Reiseberichten und zu Büchern über diese Gegend (hinter den kleineren folgenden Bildern liegt gelegentlich ein Link auf eine größere Version). Der Zusatz NT in den Überschriften kennzeichnet National Trust Properties.

Samstag, 27.7.2002: Anreise

Die unerwarteten Staus zwischen Paderborn und Calais aufzuzählen wäre müßig (der erste kam aber schon nach der nächsten Autobahn-Abfahrt in Geseke). Die Folge war, dass wir unsere Fähre um 14:15h nicht mehr erwischten, jedoch dann die nächste um 15:15h ab Calais. Handy und Aferry.to sei Dank. Es ist eine Frage, ob man nicht den schnelleren Tunnel vorzieht, die Reise per Fähre bietet aber 90 Minuten Ruhe und Pause, die Fähre war nicht sehr gebucht, das Wetter war toll und die Erwartung (meinerseits), die White Cliffs von Dover wieder zu sehen, spricht aus meiner Sicht immer für die Fähre. Die Fähren von Calais und Oostende fahren übrigens nicht mehr im Takt wie vor dem Tunnelbau. Oostende hat den Vorteil von einer Stunde weniger Autofahrt und den schnelleren Seacats. Calais passte vom Fahrplan aber besser. Another day another sausage (Nachtrag 2004: der Fährverkehr von Oostende ist eingestellt).

Routenplaner empfahlen den Weg von Dover über London und Bristol nach Exeter, 460km. Dass das falsch war, wussten wir erst nach der Rückreise, diese Route ist landschaftlich aber auch nicht uninteressant, führt sie doch nicht nur an Windsor Castle vorbei, sondern bietet in Bristol einen wunderschönen Blick bis nach Wales hinein. Außer einem bisschen Geknubbel auf der London Orbital M25 waren die Autobahnen frei, und das Limit von 50mph hält kaum jemand ein, so waren wir dann früher als befürchtet um 20:30 in Exmouth. Beim Abholen des Schlüssels für unser Haus wurden wir freundlich und herzlich begrüßt, im Haus standen schon Milch und Spreadable (Butter + Margarine + Salz) im Kühlschrank, ein Toast, Tee und Marmelade warteten auf uns, Cereals für’s Frühstück waren auch eingekauft. Dank hier an Mr. Ritschie und die beiden Grinsekatzen für ihr warm welcome.

Das Haus lag in einer Einbahnstrasse, gerade breit genug für eine Parkreihe und eine Fahrbahn. Abgesehen vom permanenten Möwen-Gejohle war es ruhig, trotz Stadtnähe. Und der kleine Garten mit Sitzmöbeln und Tisch komplettierte den Komfort. Den Standard anderer Ferienhäuser wie in Dänemark oder im Schwarzwald kann man wohl so hier in England nicht erwarten, es war aber alles ok und man konnte zurecht kommen. Zimmerverteilung, Auspacken, mein Sharan passte jedoch nur so in die Garage, dass noch eine Tür zu öffnen war. Parkplatzsuche wurde in den nachfolgenden Tagen ein Hobby von uns. Sit back, relax …

Sonntag, 28.7.2002: A first day out

Erst mal so sehen, wo man ist, wie der Strand aussieht, wo man einkauft, Orientierungslauf. An der Promenade entlang, den Strand besichtigen. Ausspannen war angesagt, sich akklimatisieren. Erste Planungen für die weiteren Tage, Absprachen über Essen und Tageseinteilung. Diesen Tag brauchten wir auch, denn wir hatten die Entfernungen unterschätzt und die weite Anreise nicht gut geplant. Gut 1.000km waren es von Paderborn nach Exmouth.

Montag, 29.7.2002: Dartmoor, Drewsteignton, Castle Drogo (NT)

Aber als Erstes ein Blick in den Dartmoor Forest. Der Name täuscht etwas, denn Moor findet sich in den Gegenden eher nicht. Der Name in Vollform ist Dartmoor Forest National Park. Das Dartmoor ist eine sehr alte Kultur- und Naturlandschaft, teilweise landwirtschaftlich genutzt, teilweise naturbelassen und karg, in jedem Falle aber unglaublich vielfältig.

Die meisten Straßen, die durch den Dartmoor Forest führen, sind schmal, maximal zweispurig (überwiegend aber eben doch nur eine Spur), von Hecken und alten Mauern eingefasst, aber i.d.R. in gutem Zustand. Kleine Orte wie aus Miss Marple-Filmen wechseln sich ab mit weiten Landschaften und großen Bauernhöfen. Dass solche Orte wie Drewsteignton, und es gibt viele dieser Art, noch existieren, hätte ich vorher nicht geglaubt. Und das Prädikat idyllisch untertreibt noch, die Blumenmeere wurden in den weiteren Tagen zu einem gewohnten Anblick. Das Dartmoor selbst kann man in zwei Typen unterteilen: den ländlichen Teil, mit Straßen erschlossen und durchschnittlich besiedelt, und die Danger Areas, ohne Straßen und nur zu erwandern. Es wird jedoch davor gewarnt, die Danger Areas allein, ohne Führer oder Kartenausrüstung zu betreten, schon einige Touristen haben sich hier hemmungslos verlaufen. Mögliche Orientierungspunkte im unerschlossenen Teil des Dartmoor Forest sind die Tors, die einzigen Fälle, wo Granit auf der britischen Insel an den Tag tritt, nämlich in Form von Steinstapeln auf den Kuppen von Hügeln. Obwohl sie aussehen wie Spielstätten alter Riesen, sind sie auf natürlichem Wege durch Erosion entstanden. Weitere Kennzeichen dieser Gebiete sind die Reihen von aufgestellten Steinen in Pfad- oder Allee-Form, Werk von Menschen vor 3000 bis 4000 Jahren, uralte Steinbrücken aus keltischer Zeit sowie uralte Gräber und Überreste des Erzabbaus. Wanderwege deutscher Coleur sindselten vorhanden, meist gibt es Trampelpfade.Drewsteignton liegt im östlichen, bewohnten Teil, ebenso wie in der Nähe Castle Drogo, erstes Schloß und erste NT-Lokation.

Weiter also zum Castle Drogo, das wir zuerst für historisch hielten. Castle Drogo ist kein altes Schloß, sondern wurde um 1930 im Auftrage eines Tee-Barons erbaut. Heute NT-Eigentum, ist das Schloß noch komplett ausgestattet, auch mit den elektrischen Einrichtungen, Küchenutensilien und Möbeln aus dieser Zeit. Es war die Zeit der Reichen und Nicht-Adeligen, die aber gerne zu der Equipe der Herrschenden gehört hätten und mit solchen Monumental-Wohnsitzen prunkten. Worth a visit.

Dienstag, 30.7.2002: Coastal Path, Sandy Bay

Wandern muss auch sein, machten wir unseren Kindern klar, und machten uns auf den South Devon Coastal Path, einen der wenigen gekennzeichneten Wanderwege in dieser Gegend.Einwunderschöner Wegist das,der von Exmouth auf den Klippen entlang führt. Überraschungen kommen zuverlässig, wie in Form einer kleinen Bucht, nur vom Meer oder über eine Steiltreppezugänglich. Sandy Bay, wo wir Mittagspause machten, ist eine recht hässliche Ansiedling aus Riesenwohnwagen, mobile homes. Man sollte sich doch nie von blumigen Namen täuschen lassen.

Der Nachmittag gehörte vereinbarungsgemäß dem In-der-Stadt-Herumlaufen, Shopping und am Strand-Herumlümmeln.

Mittwoch, 31.7.2002: Torquay, Paignton, Compton Castle (NT)

Jetzt aber wieder raus aus der Bude und dem Garten, der erste Sonnenbrand ist geholt. Diesmal nicht in’s Dartmoor, sondern die westliche Seite des Exe Bay herab nach Torquay. Torquay ist so etwas wie eine regionale Einkaufsstadt, aber auch Touristenzentrum mit Horden von Sprachschülern. Viele Geschäfte, viele Restaurants, viel Betriebsamkeit, ein wenig Großstadtflair. Torquay ist alles andere als unschön, im Gegenteil: die Sea Front ist lang und lädt zum Bummeln und Pausieren ein, die Silhouette der Stadt bemerkenswert, da Torquay auf eine Hügel an der See liegt. Richtig interessant wird’s aber erst, wenn man in die Seitenstraßen zieht. Dort ist Torquay idyllisch und alt, mit atemberaubenden Blicken über die See.

Paignton ist die kleine Nebenstadt, so was Wanne für Eickel ist. Auch touristisch, aber eher so wie man es den frühen Jahren kennt. Was wir zu Hause nie tun würden: ein mehrminütiger Aufenthalt im Pier, in den Spielhallen, wo unsere Kinder sofort dem Zauber von Groschengräbern und Spielautomaten erlagen.

Ein Schloss muss heute noch sein. Compton Castle ist zwar nur klein, aber sehr alt und zu einem Teil noch immer bewohnt, der Wegdahin führt wieder über enge, einspurige Straßen, trotzdem laden Pubs und Coffee Shops zum unterwegs zum Verweilen ein. Und tatsächlich erwischt uns am Ende doch ein Regenschauer.

Donnerstag, 1.8.2002: Fähre nach Starcross, Dawlish

In der Vorstellung, dass der schon begangene Costal Path auf der Gegenseite der Bucht weiter geht, setzen wir in 15 Minuten von Exmouth mit der Fähre nach Starcross über. Leider beginnt der Costal Path aber erst wieder in Dawlish-Warren, also einige Kilometer an der Landstraße entlang. Eigentlich der Schrecken jeden Wanderers, würde nicht selbst der Linienbus bei unserem Anblick abbremsen und einen weiten Bogen um uns machen. Aber weiter als bis Dawlish-Warren kommen wir erst einmal nicht. Hinter dem Red Rock, nahe einer weiteren Gelegenheit zu typisch englischen Jahrmarkt-Besuchen, entdecken wir eine kleine, gemütliche Bucht. Also bleiben wir, die Kinder stürmen in Unterhosen in das seichte und angenehme Wasser. Der Red Rock selbst ist zu besteigen und macht eine weite Sicht über die gesamte Exe Bay möglich. Hierhin müssen wir unbedingt noch mal, sagen die Kiddies.

Es wird später, weiter am Costal Path (und der Bahnlinie) entlang, bis nach Dawlish. Ein Eis noch, zurück nach Starcross, diesmal aber mit dem Linienbus (auch teuer!) von Dawlish zurück nach Starcross, die Fähre ist pünktlich.

Freitag, 2.8.2002: Dartmoor, Mortenhampsted, King’s Oven, Spinster’s Rock

Wandertag! Im Dartmoor Forest werden auch geführte, kostenpflichtige Wanderungen angeboten, von 1.5 bis zu 6 Stunden. Ausgesucht haben wir uns „Secrets of Dartmoor“, 3 Stunden, Treffpunkt ist King’s Oven, sozusagen geographisch mittig im Dartmoor. Der Ort, bestehend aus einem Pub und einer Picnic-Gelegenheit, lädt zum Mittagmachen ein. Dartmoor-Ponies um uns herum, ein Wechsel von Wolken und Sonnenschein, nahe den Danger Areas die erste Konfrontation mit der Weitläufigkeit und Schönheit dieser Gegend.

Der Führer ist ein älterer Herr, der launig und humorvoll und in bestem Englisch mit ausholenden erklärenden Gesten (für die Kinder) über die Geschichte der Gegend erzählt. Über den Erzabbau und die Bergleute, über Pflanzen und Tiere, über ungeschriebene Gesetze und Mythen, über das nie verlöschende Kaminfeuer im Pub, über die Steinkreise und die Tors. Es hat Riesenspaß gemacht, auch gerade den Kindern, schon wegen der Unmengen an Heidelbeeren unterwegs. Die geführten Wanderungen sind sehr hilfreich, vieles würde man selbst nicht sehen oder verstehen. Highly recommended.

Spinster’s Rock auf der Rückfahrt: ein Nano-Stonehenge. Muss nicht sein, man verpasst nix. Kleiner Nackenschlag am Rande: beim letzten Bild von King’s Oven rafft es die Elektronik meiner alten Ricoh-Spiegelreflex dahin. Wat nun????

Samstag, 3.8.2002: Exeter, Dawlish-Warren

Unser Landlord schickt mich zu einem größeren Photo-Geschäft in Exeter, dort bekomme ich, wenn auch nicht gerade billig, einen neuen Kamera-Body, der mein geliebtes Vivitar-Zoom-Objektiv nutzen kann. Also ab nach Exeter, wollten wir ja so wie so hin. Kaum habe ich die neue gebrauchte Pentax P30H, rafft es auch das alte Vivitar-Objektiv dahin, die Brennweiten-Mechanik frisst sich fest … 🙁 so komme ich auch noch an ein gebrauchtes Objektiv und der Verkäufer im Devon Camera Shop kann sich ein mitleidiges Lächeln nicht verkneifen. 

 

Exeter: Einkaufsstadt, Verwaltungszentrum, aber eine der ältesten Städte Englands. Einige alte Ruinen, die Cathedral. Sehenswert deralte Hafen mit seinen kleinen Läden und Werkstätten. Aber wir suchen Land und Strand, also nicht zu lange im Getümmel verbleiben.

Versprochen ist versprochen, sagen die Kiddies: danach Badenachmittag in Dawlish-Warren, in der kleinen Bucht hinter dem Red Rock. Und vom Red Rock wieder eine wunderbare Aussicht und tiefblaues Wasser.

Sonntag, 4.8.2002: Coastal Path River Exe

Der einzige Tag, der überwiegend, aber nicht völlig regnerisch und feucht war. Wir beschränken uns auf einen Spaziergang den Costal Path hinauf, von Exmouth Harbour nach Lympstone. Und wieder: schöne alte gepflegte Häuschen, wunderschöne Landhäuser.

Montag, 5.8.2002: Finch Foundry (NT), Lidford Gorge (NT), Yes Tor

 

Das Wetter ist wieder super, zurück in den Dartmoor Forest. Finch Foundry ist eine alteSchmiede, seit 1640 in Betrieb, seit 1964 Touristen-Attraktion, aber immer noch mit aktivem Schmied, der zeigt, wie man Schlösser und Werkzeuge schmiedet. Faszinierend! Hinter der Schmiede ein Quäker-Friedhof, mit den charakteristischen Grabsteinen.

Der Ort lädt zum Verweilen ein, urig bis zum Abwinken, doch wir haben noch Einiges vor heute.

 
  Lydford Gorge: ein Rundweg führt durch tiefgrünen, satten Wald und dann in dieSchlucht und Klamm. Der Wasserfall markiert den Beginn der Schlucht, wenig später verengt sich die Schlucht zu einer Klamm, die Wege sind extrem schmal undsteinig, teils in den Fels gehauen. Festes Schuhwerk empfiehlt sich, dafür kommt man in eine tolle Umgebung, wo sich derFluss einen tiefen Graben geschaffen hat, bestückt mit Strudeln und Whirlpools natürlicher Herkunft. Die Klamm ended im Devil’sCauldron, nur durch eine steile Treppe und über eine Stahlplattform zu erreichen. Obwohl oben die Sonne scheint, im Devil’s Cauldron ist es düster, feucht und laut. Am Ende dann noch ein Kaffee und ein Stück Kuchen im Cafe des NT.
  Für diesen Tag hätte es eigentlich gereicht, wären wir nicht zurück noch an den Danger Areas vorbeigefahren. Ein Steinkreuz und Yes Tor lockten dann doch. Erst als kurzer Spaziergang geplant, erreichen wir am Ende nach einem mittelsteilen Anstieg Yes Tor. Der wieder einmal sprachlos machende Ausblick über denDartmoor Forest entlohnt für die Mühen. SolcheAusblicke kannte ich bisher nur von ‚Down under‘.  

Dienstag, 6.8.2002: Badetag! (und Einkaufen …)

Die Kiddies setzen sich durch, weil der Montag so anstrengend war. Einkaufen bei Tesco, der Nachmittag gehört dem Strand von Exmouth, der Sonnenbrand auf Beinen und Armen ist zu erneuern, und endlich komme ich dazu, mein Buch von Dave Steward über Songwriting zu lesen (it’s in English, of course).

Mittwoch, 7.8.2002: Greenway Garden (NT), Buckland Abbey (NT)

Greenway Garden und Buckland Abbey standen schon früh auf der Liste mit möglichen Ausflügen. Greenway Garden gehört zu einem Anwesen, das früher der Autorin Dame Agatha Christie als Wohnort diente (das ist das Haus mit den Sperren davor). Der Garten, besser: der Park, ist angefüllt mit exotischen und einheimischen Pflanzen, Sträuchern und Bäumen, die Vielfalt an Farben und Formen ist erschlagend. Das Badhaus stammt aus dem 18. Jahrhundert und diente den Ladies dieser Zeit zum wöchentlichen Bade, das Wasser kam über Röhren aus dem River Dart. Ein freundlicher alter Herr erklärt alles mit Geduld und betont, es würde ihm nichts ausmachen ein Tonband zu sein.

Buckland Abbey ist, wie der Name schon sagt, einealte Abtei, die allerdings von Sir Francis Drake in ein Wohnhaus umgebaut wurde. Dementsprechend merkwürdig und faszinierend zugleich ist diese Architektur. In der großenScheune finden Kinder Spielgelegenheiten, ein altertümlich gekleideter Mann erklärte den Kindern die unterschiedlichen Formen, Zwecke und Arten von Pfeilen, und wie man mit Pfeil und Bogen umgeht. Nett gemacht. InDeutschland oder Amerika würde es in Albernheit oder Peinlichkeit ausarten, hier in England nicht.

Donnerstag, 8.8.2002: A La Ronde (NT) und wieder Einkaufen

England ist bekannt für seine Disziplin gepaart mit der Möglichkeit für jeden nach seinem Gusto glücklich zu werden. Schrulligkeit, Extravaganz werden hier nicht negativ betrachtet. A La Ronde ist ein Herrenhaus nahe Exmouth, rund gebaut, über ein Dutzend Zimmer angefüllt mit Nippes und Kitsch, aber auch mit Kunst und Seltenem. Wie viel Zeit diese Leute gehabt haben müssen, ein Zimmer mit Bordüren aus kleinsten Vogelfedern zu verzieren, kleine Tische mit Muscheln zu belegen und unzählige Bilder aus Naturmaterialien zu basteln. Der Dachboden, alle Wände mit Muscheln verziert, ist wegen der möglichen Schäden durch Besucher nur mit zwei ferngesteuerten Kameras zu besichtigen. Das Auge findet kaum Halt in diesem Gewusel. A La Ronde ist nicht sehr groß, aber alles zu sehen und zu betrachten fordert Zeit. Auswüchse einer Kreativität, die schon an’s Pathologische grenzt.

Freitag, 9.8.2002: Killerton House (NT)

Letzte Einkäufe und Mitbringsel werden gesammelt. Aber es ist noch etwas Zeit vor dem Packen des Autos, die Entscheidung fällt auf Killerton House, den früheren Sitz einer reichen Farmer-Familie nördlich von Exeter. Diese People hatten soviel Geld und Zeit, dass sie sich leisten konnten, Leute zum Sammeln seltener und schöner Pflanzen durch die ganze Welt zu schicken. Der Prunk und zugleich auch die Intensität des riesigen Hauses und des Gartens sind für uns heute schwer zu verdauen. Abertausende von Details und Eigenarten aus Hunderten von Jahren Familiengeschichte fordern die Wahrnehmungs-Belastbarkeit deutlich. Und wieder ein wunderschöner Garten, mit einer Hütte, die mal als Kinderspiel gebaut wurde, ein großer Teich, ein Steingarten. Am Nachmittag wird der Jetbag wieder auf die Reling geschraubt, Taschen gepackt, und es gibt etwas Nieselregen, der wieder aufhört, als ich die Kofferraumklappe zuwerfe. 

Samstag, 10.8.2002: Stonehenge (NT), Dover, Castle, White Cliffs (NT)

Noch frühstücken, letztes Verstauen im Auto und diesmal über die A30 und die A303 Richtung Stonehenge. Unserer Ruhe zu Liebe haben wir uns entschlossen nicht durch zu fahren, sondern eine Nacht in Dover zu verbringen. Die A303 führt nach London, die Route ist ca. 100km kürzer als die Anfahrt über M4/M5. Die Strecke ist zum größten Teil zweispurig ausgebaut, nur ein paar Ortsdurchfahrten sind einspurig. Staulos und fliessend geht es, jedoch auf der Gegenseite zeigen sich ein paar Schlangen.

Stonehenge: natürlich eine Touristen-Attraktion per se, es geht aber noch mit dem Andrang, und die Japaner halten sich in Schwärmen zusammen. Beeindruckend ist diese Anlage schon, Audiogeräte zum Mitnehmen liefern Erklärungen und Beschreibungen in allen Sprachen. Sehenswert! Sehr informativ! Und unerklärlich beeindruckend.

Gegen 15:30h Ankunft in Dover, die Sonne scheint und wir gehen noch einmal zum Dover Castle hinauf. Dieses wäre schon eine Besichtigung wert, weil es auch unterirdische Gänge bis in die Klippen hat, aber die Zeit ist knapp. Also Einchecken im Hubert House, dann erst einmal die Beine vertreten. Der Dover Costal Path führt von der Innenstadt Dovers bis zum Ende der White Cliffs, am Leuchtturm vorbei. In teilweise nur einem Meter Entfernung vom Rand der Klippen geht der Weg teilweise idyllisch auf den Klippen entlang. Am Leuchtturm ist es Zeit zum Umkehren, allerdings nicht ohne ein letztes Picnic.

Ein Blick in die City, eine Portion chips with vinegar zum Nachtisch für die Kinder und später noch ein oder drei leckere Dark Ales im Pub neben unserer Unterkunft schließen diesen Tag ab.

 

 

 

Sonntag, 11.8.2002: Rückfahrt

9:30h geht die Fähre wieder zum Kontinent zurück. Die Fähre ist nicht stark belegt, es ist ruhig und nebelig an diesem Morgen. Sonne in Frankreich und Belgien, in Duisburg geht der Scheibenwischer erstmals wieder auf Stufe 2. Gegen 17:00h sind wir wieder zu Hause, ohne einen einzigen Stau.

 

Einsichten und Ansichten

Tourismus

Obwohl Devon mit Cornwall eine der touristischen Zentren Endlands darstellt, ist der Umgang mit dem Tourismus in England anders als in Spanien oder Österreich. Die Städte und Städtchen Devons haben die Touristen recht gut integriert, bleiben dabei Orte mit den einheimischen Bewohnern und ihrem Alltag. Natürlich gibt es Souvenierläden und Cafes, Restaurants und Trödel, aber man fühlt sich nicht ausgegrenzt, wie so oft z.B. am Wörthersee oder in der Schweiz. Das liegt nicht zuletzt daran, dass hier eben fast nur Engländer Urlaub machen, und auch genau die, die ja im Grunde ‚zu Hause‘ bleiben wollen. Was man daher nicht erwarten sollte: die perfekte Tourismus-Organisation mit deutschsprachiger Reiseleitung und Animation. Die Touristen-Informationen in jedem Dorf halfen aber freundlich und kompetent, und touristische Attraktionen sind eh in Mengen zu finden.

Devon, Cornwall und Somerset sind bestens ausgestattet mit alten und neuen Schössern, Gärten, Parks, Reitställen und Freizeitparks. Einige dieser Freizeitparks sind schon fast peinlich mit ihrer Streichelzoo-Idylle und ihrem britischen Kitsch, aber man muss ja nicht reingehen, Alternativen gibt es genug. Viele historische und landschaftliche Kleinode gehören dem National Trust, einer privaten Organisation, die erhaltenswertes Gut pflegt, restauriert und mit Führern und Infrastruktur ausstattet. Die Mitgliedschaft im National Trust für uns beide Erwachsene und unsere vier Kinder kostete uns 60£. Im Rückblick hätten uns die Eintrittsgelder für Parks und Schlösser, Herrenhäuser und auch Stonehenge sicher 130£ oder mehr gekostet. Wenn man also diese Kultur genießen möchte, sollte man schauen, ob sich eine Mitgliedschaft nicht rentiert. Aber nicht vergessen: besser früher als drei Wochen vor der Reise eintreten (z.B. für ein Jahr Mitgliedschaft), dann hat man sein Kärtchen schon dabei. Ansonsten kann man auch vor Ort Mitglied werden und bekommt ein Zettelchen. Für andere Teile Englands muss man sich ansehen, welche Organisation die meisten Sehenswürdigkeiten intus hat, kann z.B. auch English Heritage sein.

Ach ja, und übrigens die Eastpak-Rucksäcke zu Hause lassen, sonst outet man sich schon beim Aussteigen aus dem Auto als Deutscher. Lärmende Jugendliche in Kohorten mit diesen Rucksäcken und den obligatorischen Baumel-Tierchen waren der negativste Aspekt, der uns hinsichtlich Touristik auffiel. Für weitere Tipps lohnt sich immer ein Besuch der Tourist Information, dort gibt es Veranstaltungskalender, Karten und Prospekte genug, meist kostenlos.

Die großen Städte wie Torquay oder Plymouth bieten auf den ersten Blick wenig Anreiz für Besuche, es sei denn man verlässt die Hauptstraßen und schlägt sich in die Nebenstraßen und kleinen Parks, die wunderschöne Ausblicke, interessante Architekturen und auch Merkwürdiges zu bieten haben. So übersichtlich und begrenzt England in deutschen Vorstellungen ist, die Realität ist eine andere. Ich kenne kaum ein anderes Land, das so vielfältig, abwechselungsreich und offen für das Entdecken ist.

Unterkünfte

Bed & Breakfast ist als typisch englisch bekannt. Für den Familien-Urlaub bietet es sich eher an ein Cottage zu mieten, die sehr verbreitet und von sehr einfach bis hervorragend ausgestattet zu bekommen sind. Preise variieren stark, das Angebot ist eher unübersichtlich. Ein Sammlung der Anbieter findet sich beispielsweise in den Suchmaschinen. Wie schon erwähnt, ist der Standard nicht immer deutschen Gegebenheiten entsprechend, der Charme und die Eigentümlichkeit der Häuser und ihrer Umgebungen kompensieren das aber allemal. Und einen Korkenzieher kann man sich ja immer noch kaufen. Ich würde mal empfehlen, dass man sich die kleineren Utensilien, die einfach unverzichtbar sind (Brotmesser, Kellnerbesteck, Trekking-Dosenöffner), von zu Hause mitnimmt. Nicht alles, was für uns Alltags-Werkzeug ist, existiert in England. And vice versa … 

Wie es aber auch aussehen kann, zeigt diese Seite. Das ist eine Frage der individuellen Möglichkeiten, und der Belastbarkeit des Gehaltskontos. Man kann auch in einem Schloss wohnen, wenn man möchte, mit allem PiPaPo und Komfort.

Für Einzel-Übernachtungen während der An- oder Abfahrt bekommt man Unterkünfte am besten über die Tourist Informations am jeweiligen Ort. Diese nennen einem bekannte B&Bs und Guest Houses. Preise liegen bei 20£ aufwärts inkl. Frühstück pro Nacht und Nase. En suite, also Toilette und Dusche/Bad pro Zimmer, sind inzwischen fast Standard, selbst bei B&B. Sehr gute Erfahrungen haben wir auch damals in London gemacht, wo wir ein paar Nächte B&B in Ealing hatten, nahe Ealing Broadway.

Straßenverkehr

Dass in Großbritannien links gefahren wird, ist nix Neues. Daher sollte man nicht vergessen, vor der Einreise die asymmetrischen Teile der Scheinwerfer abzukleben. Vergisst man das, bleibt einem meistens nur noch der Kauf von fertigen Abklebern an der Fähre für über 10€ statt ein paar Streifen Textil-Klebeband zu einigen Cent zu Hause anzufertigen.

Generell kann man sagen, dass in England eher verhalten und rücksichtsvoll gefahren wird. Etwas gewöhnungsbedürftig für den England-Neuling sind die vielen Kreisverkehre. Hier gilt die Regel: der im Kreis Fahrende hat Vorrang (auch beim Abbiegen), wer an der nächsten Ausfahrt raus muss, fährt aussen, der Rest innen. Vorausschauendes Fahren scheint wichtiges Thema in den Fahrschulen zu sein, die Engländer können das durchweg. Autos mit Kontinental-Kennzeichen werden Fahrfehler zugebilligt.

In GB gelten die Geschwindigkeitslimits 30mph in Orten, 40mph auf Landstraßen und 50mph auf Autobahnen. Während diese Werte in Ortschaften sehr genau eingehalten werden, scheert sich ausserhalb niemand darum. Auf den Autobahnen bin ich teilweise 140kmh gefahren und noch von Engländern überholt worden. Überhaupt scheint die Regel zu gelten, dass alles zugelassen wird, was andere nicht stört, behindert oder gefährdet. Das höchste Gut im englischen Straßenverkehr ist der ‚flow‘, es wird möglichst konstant gefahren, man lässt Platz und ermöglicht Spurwechel und Einfädeln wann immer möglich. Typisch kontinental-europäisches Herumspringen zwischen den Spuren, Drängeln, Hetzen und plötzliche Spurwechsel sind selten zu finden und verpönt. Wer einmal ein Stück die M25 um London herum in der Hauptverkehrzeit befahren hat, die vier Spuren komplett voll mit Fahrzeugen und doch läuft der Verkehr kilometerweise ohne Bremsen und mit 80 oder 90kmh flüssig, wird verstehen, was ich meine und am englischen Strassenverkehr so schätze.

Verkehrsschilder entsprechen weitgehend den europäischen Standards. In Straßen finden sich am Bürgersteig ein oder zwei gelbe Linien. Zwei sind absolutes Halteverbot, eine heisst Halten zum Be- und Entladen ist erlaubt. Ansonsten erfinden die Engländer lustige Verkehrsschilder, die in keiner europäischen Norm zu finden sind, z.B. mit springenden Ponies. Auch dass die Schilder gelegentlich die Größe von Bierdeckeln haben, muss so akzeptiert werden.

Viele Straßen, auch solche, die in Karten als Hauptstrassen markiert sind, sind nur anderthalb Spuren breit. Das gilt speziell für die Straßen innerhalb des Dartmoors, aber auch für die Straßen in kleinen Orten und für Nebenstraßen. Trotzdem muss man damit rechnen, dass einem ein großer Bus entgegen kommt, oder ein LKW. Derjenige, für den es besser geht, setzt zurück in die nächste Hauseinfahrt oder in eine Ausweichstelle. Fahren mehrere Autos hintereinander, gilt die Regel ‚Lead, follow or go away‘, frei übersetzt: wer langsam fahren will, lässt die nachfolgende Fahrzeuge vor, es wird nicht gedrängelt und es wird nicht gedödelt.

Einkaufen

Im Sommer 2002 kostete uns das britische Pfund 1.65€. Somit kostete ein 12.5g (!) Päckchen Tabak über drei Euro, ein Sixpack Dark Ale fast sieben Euro, ein Walls (= Langnese) Eis 1.25£. Für deutsche Einkommen und Gewohnheiten also horrende Preise für alles, was irgendwie Genussmittel ist. Und auch sonst happige Preise.

Selbst das kleinste Dorf hat einen Markt, die Großen (Dixon, Tesco, Alldays, Somerfield) sind als gut bestückte Supermärkte schon in relativ kleinen Orten zu finden. Einige kleine Märkte haben sogar 24 Stunden geöffnet, die großen Märkte i.d.R. von 8-20h, am Sonntag von 8-16h. Das Angebot ist vollständig und reichlich, alles ist in vielen Schattierungen zu haben. Im Gegenteil, was an Gemüse und Obst zu bekommen ist, geht manchmal schon reichlich über das Angebot deutscher Supermärkte hinaus. Wer allerdings meint, er müsste die deutsche Herta-Wurst einheimischen Produkten vorziehen, kann dann locker 6€ für ein paar Scheiben Salami hinlegen. Eigenmarken von Tesco oder Dixon sind qualitativ gut, liegen 20 bis 25% über deutschen Preisen. Importiertes Obst wie Aprikosen oder Pfirsiche gehen auf die Negativliste, weil sehr teuer. Kartoffeln, Salat und Äpfel sind paletti und liegen im üblichen Aufpreisbereich Englands. Bleibt man am Boden und beschränkt man sich, muss man ca. 30% mehr für Lebensmittel aufwänden. Also lieber, wenn möglich, vorher gut bei ALDI eindecken und nur frische Sachen vor Ort kaufen. Spaß macht das Einkaufen in fremden Ländern aber doch, so auch in England. Was es nicht alles so gibt … Chips-Tüten so groß wie Kartoffelsäcke …

Vollkornbrot in unserem Sinne ist in England quasi unbekannt, Brot und Toast sind immer puffig, aber auch mit hohem Kleie-Anteil zu bekommen, räumt einem nach ein paar Tagen so richtig den Darm leer. Einen 800g-Toast, ‚wholewheat‘ = Vollkorn, gibt es ab 50p aufwärts. Ausserhalb des Supermarktes ist in den Wohngebieten eigentlich immer auch eine Bäckerei zu finden, die oft sogar billiger ist als der Supermarkt. Mehrere Sorten Brötchen, Baguettes und Kuchen sind dort zu bekommen, dazu kleine Kuchen und Törtchen in abenteuerlichen Farben, Pies (Pasteten, süß und herzhaft) und Rolles (gefüllte Gebäcktaschen mit Obst, Fleisch, Wurst oder Fisch). Auf sein Morgenbrötchen muss in England also niemand verzichten, zu humanen Preisen.

Geflügel und Fleisch ist um 25 bis 40% teurer. Benzin (95er bleifrei) lag bei 73 bis 75p pro Liter. Ein Kaffee am Strand machte so ein Pfund. Tabak und Zigaretten sind jenseits von gut und böse, da kann man sich das Rauchen prima abgewöhnen. Akzeptabler Wein fängt bei ca. 4£ an, Bier ist im Pub oft billiger und besser als in Dosen.

Mülltrennung ist in England noch nicht so verbreitet, also Plastikflaschen und Einweg. Container für Papier und Glas sind aber zu finden, meistens an den Supermärkten selbst. Was man trotz des hohen Einweganteils in England sehr selten findet sind Flaschen oder Dosen in der Natur (sollte zu denken geben). Was mir auch positivstens aufgefallen ist: Geschmacksverstärker der E62x-Reihe sind in englischen Produkten selten zu finden. Aber wer fährt schon nach England und ernährt sich nicht von Tee, Toast, Marmelade und gesalzener Butter?

Essen gehen

Schon lange sind die Zeiten vorbei, in denen sich die Engländer von gekochtem Gras ernährten, das erst am Tisch gesalzen wurde. Auch der Kaffee schmeckt heute dort, wo inzwischen italienische Espresso-Maschinen Einzug gehalten haben.

Der Blick auf die Karte eines Restaurants mit den Preisen lässt einem den Appetit schnell vergehen. Unter sechs bis sieben Pfund ist kaum eine Hauptspeise zu finden. Stattdessen empfiehlt es sich, in Pubs oder Schnellrestaurants zu essen. Die Pubs bietet von drei bis 30 verschiedene Mahlzeiten, zu Preisen, die erträglich sind. Zu berücksichtigen: nicht in alle Pubs dürfen Kinder herein (‚Families with well behaved children always welcome‘). Ein englisches Frühstück mit Bohnen, Eiern, Chips, Toast und Würstchen bekamen wir schon für unter drei Pfund pro Person, und waren bis zum Nachmittag satt. Bei längeren Urlauben empfiehlt sich also die Selbstversorgung, gerade mit Kindern, und gelegentliches Essen gehen. Wir haben bei Ausflügen ein paar Brötchen, Baguettes, Salat, Thunfisch, Putenschnitzel und Würstchen, und natürlich Senf und Ketchup eingepackt und irgendwo unterwegs Picnic gemacht. Parks und Parkplätze haben oft Bänke und Tische, machte so mehr Spaß als sich das Essen servieren zu lassen.

Ach ja, Fish&Chips: so ab zwei Pfund. Aber die Qualität ist wie in unseren Pommes-Buden schwankend.

Fazit

Es war nach Sommer in Hastings und Brighton, Winter in Wales und Schottland, Frühjahr in London sowie unzähligen Wochenendtouren und Dienstreisen nicht mein erster Aufenthalt in Großbritannien, es war aber mein erster Familien-Urlaub in Devon. Die unglaublich schöne Landschaft, die ruhige und angenehme Atmosphäre, das angenehme Klima und die bewusst gepflegte Vielfalt haben mich begeistert und die Rückkehr nach Deutschland nicht leicht gemacht. Es gibt noch Unzähliges zu entdecken und zu sehen, somit sind weitere Aufenthalte, vielleicht auch in Somerset oder Cornwall, unvermeidlich. Auch eine Rundreise, vielleicht von Kent über die Midlands und Wales herunter nach Devon wäre eine gute Idee.

 
Finden Sie den Fehler …

Eigentlich hatte ich ja vor mein Rentner-Dasein eines Tages in Südtirol zu verbringen, nun habe ich umdisponiert. Natürlich muss man ein Land und seine Atmosphäre mögen, die Sprache und die Lebensweise. Und nicht nur das ist hinreichend, zwischen England und Schottland wird man viele Unterschiede finden, und selbst Kent und Devon sind deutlich unterschiedlich.

Empfehlen würde ich Urlaub in Südwest-England all denen, die nicht das Abhängen und Durchsaufen a’la Club Med suchen, sondern die aktiv und sehend ihre Ferien gestalten möchten, die aber eben auch nicht auf Kultur, Natur und Strand gleichzeitig verzichten wollen. Auch gerade mit Kindern ist man hier gut aufgehoben, nach den Italienern ist man in England bestens auf Familien eingestellt, auch auf Eineltern-Familien (regelmäßig sind diese Konstellationen auf Preistafeln zu finden). Es ist kein billiger Urlaub, aber man hat nach der Rückkehr das Gefühl für sein Geld einen Wert mit zu nehmen. Welcome back …

Links

Das Buch Cornwall, Devon, Somerset, Dorset bietet praktische Hinweise und ich kann die Angaben und Hinweise der Autorin nur bestätigen. Gute Vorbereitung, gut recherchiert. Die schon im Text angegeben Links auf den National Trust helfen ein wenig bei der Vorplanung von Ausflügen und Besichtigungen.