Einfach mal ein paar Tage raus, mit dem Hundi durch die Gegend streifen, kein Kochen, kein Job. Und eben ein paar Kilometer machen. Da bietet sich gar nicht weit von Celle das Wendland an, einstmals eine entleerte Gegend an der Grenze zur damaligen DDR. Mit dem Treiben rund um das Atommüllendlager Gorleben etablierte sich im Wendland eine der größten Protestbewegungen in Deutschland, in diesem Zuge kamen viele Künstler und Intellektuelle in die Gegend. Und wie auch ich, merkten sie bald, dass das Wendland eine ausgesprochen schöne und erholsame Region ist. Mit einem ganz eigenen Flair. Was vielleicht gerade daran liegt, dass das Wendland lange Zeit so abgeschieden und dünn besiedelt war. Die Protestler gingen, die Künstler blieben. Deshalb sind Häuser und Resthöfe schon lange nicht mehr so billig und einfach zu haben wie in den Achtzigern. Spezielles Kennzeichen im Wendland sind die Rundlinge, Dörfer, bei denen die Höfe rund um einen Dorfplatz angeordnet sind, fast nur in Fachwerk-Bauweise.
Seit über 25 Jahren gibt es im Wendland zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten die Kulturelle Landpartie, während der sich das Wendland in eine riesige Kulturveranstaltung wandelt, mit Flohmärkten, Künstlermärkten und Veranstaltungen. Jetzt im Sommer ist aber eher etwas Ruhe. Zum Wandern und Radfahren eine ideale Gelegenheit für einen Kurzurlaub. Wobei Ruhe auch ein relativer Begriff ist, eben im Gegensatz zum Getümmel während der Landpartie. Man legt im Wendland großen Wert auf Entspannung, besser: Entschleunigung. Eben keine Hektik, kein Trubel, alles etwas gemütlicher angehen lassen. Davon kann man sich anstecken lassen, muss man aber nicht. Das Wendland ist eben Norddeutschland, man ist etwas distanzierter und entschleunigt.
Unterscheiden muss man trotz der nicht so umfassenden Ausdehnung einmal das Kern-Wendland mit Lüchow und Dannenberg sowie vielen kleineren Orten wie Kröte, Satemin, Salderatzen, Lübeln und Küsten. Die teils merkwürdigen Namen stammen aus dem Slawischen. An der Elbe liegt die sogenannte Elbtalaue, dem am meisten vom Tourismus bestimmten Gebiet mit Hitzacker, Dömitz und Schnackenburg. Die Göhrde mit dem gleichnamigen Ort ist das große Waldgebiet im Nordwesten, früher Jagdgebiet, davon zeugt noch das alte Schloss im Ort mit Denkmal davor.
Lessons learned: Not really crowdedWährend der Kulturellen Landpartie (KLP) ist oft schon sechs Monate vor Himmelfahrt kein Bett mehr zu bekommen. Wer allerdings meint, außerhalb der KLP sei vom Frühjahr bis zum Herbst die Zimmerbuchung kein Problem, der hat sich getäuscht. Vom Mai bis in den Oktober sind die Hotels und Gasthöfe am Wochenende meist komplett ausgebucht. Besonders häufig fallen ganze Gruppen von Radfahrern mittleren Alters ein. Ich hatte mit meiner Wahl, dem Kartoffelhotel in Lübeln, etwas Glück. Alternative wäre noch das Herrenhaus Salderatzen gewesen, das jedoch nicht wie das Haus in Lübeln über Restaurant und umgebende Infrastruktur verfügt. „Schöner“ ist das Herrenhaus, besonders die zwei Studios Schweinebucht und Panoramablick. Als Einzelreisender hat das Kartoffelhotel seine Vorteile. Mit Hund auch, es gibt ein paar Zimmer in den Anbauten, die speziell für Hundebesitzer vorgesehen sind und direkt vom Zimmer aus den Zugang ins Freie haben. Für den ersten und letzten Gang des Tages sehr angenehm. Zwar hat das Haus etwas Renovierungsbedarf, es ist aber weitgehend sauber und angenehm. Sehr bequem finde ich das Restaurant im Hotel, das natürlich überwiegend Kartoffelgerichte serviert. Auch für den vegetarischen oder sogar veganen Gast. Die Küche ist ausgesprochen gut, Preise liegen im Rahmen, nur der Service ist nicht immer der Bringer. Wartezeiten muss man bei Hochbetrieb schon tolerieren. Der Ort Lübeln selbst hat noch ein großes Café, Cafe Avößel, gegenüber dem Kartoffelhotel, sowie das Freilichtmuseum neben dem Hotel. Eine Hausbäckerei im Ort bietet sehr gutes, handgemachtes Brot an, nicht nur für die Selbstversorger. Lübeln wiederum ist nur eine kurze Strecke von Satemin entfernt, einem weiteren sogenannten Rundling. Dort lockt noch ein Hotel und Restaurant plus Café, das ist der Markthof Satemin. Noch recht neu ist das Satemin Eins, Hotel, Café und Keramikwerkstatt. Zu Fuß von Lübeln aus auf Wirtschaftswegen erreichbar, fast ohne Autoverkehr. Nach Lüchow als Kreisstadt sind es dann nur wenige Kilometer mit Auto oder Rad. Einen großen Rewe und Edeka gibt es dort sowie alles weiter Notwendige. Lüchow hat nicht gerade viel zu bieten, es ist eher rudimentär dort. Sehenswerter ist da Dannenberg mit seiner historischen Altstadt, vielen Cafés und Restaurant. Im KDW, dem Kaufhaus des Wendlands, gibt es putzige Sachen, die alle im Wendland hergestellt werden. |
Unsere Touren ab 10. August 2019
Da mache ich es mir leicht, indem ich auf die Aufzeichnungen in Komoot verlinke. Leider habe ich die Tour am ersten Tag, von Lübeln nach Satemin, aus Versehen gelöscht. Ist aber eine gute Runde, selbstverständlich mit Kaffee-Stop in Satemin.
14. August 2019: Von Hitzacker zum Wolfsgrund und an der Jeetzel entlang
Noch eine Abschlusstour, die passend in Hitzacker endet. Im Café Albis gibt es wohl den besten Cappuccino und drei bis vier Gerichte zum Mittag.
Lessons learned: The Wendish Country SiteDas Wendland hat sich als ein sehr gutes Wandergebiet gezeigt. Allerdings gibt es nicht viele Wanderführer dazu, da muss man schon etwas stöbern oder die Touri-Info in Dannenberg besuchen. Beliebter noch ist das Wendland bei den Radlern. Die Orte liegen doch recht weit verstreut, diese Strecken schafft man mit dem Rad dann deutlich besser. Bei der Infrastruktur muss man etwas vorsichtig sein. Obwohl es nun in einigen kleineren Orten doch Cafés und Bistros gibt, sind Gelegenheiten zum Mittag- oder Abendessen eher rar. Ausnahme: Während der Kulturellen Landpartie hat man eher die Qual der Wahl. Für Hitzacker ist meine Location #1 die Inselküche, die hat aber nur im Hochsommer werktags am Mittag geöffnet. Schöne Terrasse mit Ausblick auf die Elbe, sehr vielfältige Speisekarte, eher mediterran als wendländisch. Alternative im wahrsten Sinne des Wortes ist schräg gegenüber das Café Albis, die meistens vegetarisches und veganes Essen bieten. Das aber sehr lecker. Etwas weiter ist das Caneletto, mediterranes Essen, auch nur im Hochsommer mittags geöffnet. Die Drahwehner Torschenke am Ortseingang ist eher rustikal. Wer aber gerne Schnitzel und Currywurst mag, kommt damit genau so zurecht. Dann noch das Café Dierks direkt an der Elbe, gehobenes Restaurant und Café. Ansonsten finden sich Einkehrmöglichkeiten eher sporadisch, am wahrscheinlichsten sind immer die touristischen Orte wie die Rundlinge, an der Elbe oder im Bereich der Städte Lüchow und Dannenberg. Für den Erlebnis-Tourismus ist das Wendland aber auch nicht da. Sondern zum Entspannen, Abhängen und Laufenlassen. Einfach aufs Rad und immer geradeaus fahren. |